Samstag, 13. Februar 2010

Über die Narrenfreiheit

Die Faschingszeit ist bekannt als Zeit, in der Narren alles sagen dürfen. Hier ist jeder willkommen, der auch mit mäßigen Talenten für Unterhaltung und ein bischen Stimmung sorgen kann. So ist auch FDP-Vorsitzende Westerwelle als Narr verkleidet in die politische Bütt gestiegen.

In seiner im neoliberalen Stil gehaltene Büttenrede holte er mal wieder zum Rundumschlag gegen Dekadenz und Niedergang aus. Während seiner Büttenrede spannte dabei den Bogen von der Gegenwart, über den Sozialismus bis hin zum Ende des römischen Reiches.


Der wundersame Redner betonte zum allgemeinen Erstaunen des irritiert wirkenden Publikums, es müsse sich weiter lohnen, zu arbeiten. Dabei vermochte es der abgefeimte Redner, sich als Angegriffener zu stiliisieren und mit einer platten Weisheit für allgemeine Heiterkeit im Publikum zu sorgen:

„Wenn man in Deutschland schon dafür angegriffen wird, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als derjenige, der nicht arbeitet, dann ist das geistiger Sozialismus“, erklärte der Büttenredner.

Der Narr Westerwelle prangerte dabei Zustände an, die er dank neoliberaler Politik selbst politisch mitzuverantworten hat. Der Büttenredner erinnerte in weiten Teilen seiner überspannten Rede an jemand, der sich über Zustände beschwert, die er politisch selber herbeigeführt hat und die man getrost als „dekadent“ bezeichnen kann
.
Dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als derjenige, der nicht arbeitet, ist eigentlich logisch, aber für Westerwelle zum Problem geworden. Er verglich diesen Zustand der modernen Sklavenhaltergesellschaft mit römischer Dekadenz. Die Römer kannte sich ja bekanntlich gut aus mit Sklaverei, da müse man wieder hinkommen. Die Kritik daran hatte er vorsorglich schon mal als sozialistisch bezeichnet.

Als Büttenrede war dieser dekadente Vortrag zur Unterhaltung des Publikums wohl geeignet. Der als Narr verkleidete Westerwelle offenbarte in seiner Rede wieder einmal viel von seinem Selbstverständnis und davon, dass er eigentlich gar keine Ahnung von den wahren Zuständen in diesem Land hat. Diese dürften den Narr Westerwelle ohnehin nicht interessieren. ausserdem ist das im Fasching ohnehin nicht so bedeutsam.

Am Ende der Rede betonte der Narr, dass es dabei möglich sein muss, dass man dies in diesem Land sagen darf. Das Publikum im großen Saal war nur mäßig erfreut über diese verunglückte Rede. Dem Narren wurde natürlich artig Beifall geklatscht, mit eienm dreifach donnernden »Helau« verabschiedet und ihm ein fröhlcher Ausmarsch beschert. Aber so insgeheim dachte wohl mancher, daß dem Redner allzusehr der Narr durchgegangen sei.

Samstag, 6. Februar 2010

"Hartz-IV" wird abgeschafft - neue Wortkreation gesucht

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wünscht sich, dass die in der Bevölkerung immer weniger Akzeptanz findende Wortkreation "Hartz-IV" abgeschafft wird. Gegenüber dem Magazin »Welt Online« sagt von der Leyen, "Es ist ein absolut wünschenswertes Ziel, dass auf die Dauer das Wort Hartz IV verschwindet". Hartz IV habe einen zu schlechten Ruf und deshalb würde jede Diskussion verhindert.


Die Ministerin weiß jedoch auch, dass man "neue Begriffe" nicht von oben anordnen könne. "Das geht nur, indem sich das Bild in der Bevölkerung zum Positiven verändert" sagte von der Leyen gegenüber der Welt. Gleichzeitig kündigte die Ministerin an, dass in den kommenden vier Jahren eine "Gemeinschaftsleistung, mit Langzeitarbeitslosen einen Weg in Arbeit zu bahnen, bleiben" wird. Da bedeutet nichts anderes, als Hartz IV wird zwar nicht abgeschaft, aber die Ministerin wolle diese Wege "verständlicher" machen.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will die Welt zum Positiven hin verändern. Sie hat vollkommen recht, wenn sie das politikschädliche Unwort "Hartz-IV" abschaffen will - allerdings wenn auch nur im Sinne des Wortes. Die besorgte Ministerin will ihre Politik als »neuen Wein in alten Schläuchen« verkaufen.

"Politik ist die Kunst, die Begriffe zu ändern, 
enn sich die Verhältnisse nicht ändern lassen."

Raimond Barre


Nun, daraus folgt, dass die Wortkreation "Hartz-IV" durch ein neu zu erschaffendes Wort ersetzt werden muss. Dazu haben wir uns auch schon einige Gedanken gemacht. Hier nun schon mal ein paar Vorschläge der Redaktion für die nachfolgende, beim Bürger wohlklingendere, Wortschöpfungs-Variante:
;-)



  • Abstempel-Geld
  • Prekariatszulage
  • Müßiggeld
  • Proll-Flatrate
  • Abhäng-Prämie
  • Aktion Sorgenmensch
  • Abfang-Pränie
  • Schweigegeld
  • Freigänger-Prämie
  • Sorgen-Geld

Die Redaktion ist sich sicher, dass Sie als Leser sicher auch noch ein paar diskussionsfreudige Begriffe auf der Pfanne und parat haben, die als neue Wortschöpfung für das Prekariat sinnvoll angewandt werden kann.
Hier sind auch schon die ersten eingetroffenen kreativen Vorschläge:




  • Ausgrenzungsprämie sehr gut! ;-)
  • Tagesfreizeit-Bonus sehr gut! ;-)
  • Hartz + Glückszahl
  • Stillhalte-Geld
  • Trennungsgeld
  • Taunus 5

Da geht sicher noch was, liebe Leser!

Freitag, 29. Januar 2010


Eine einseitige Begabung ist ein Mythos. Wer in der Politik erfolgreich ist, erzielt auch in anderen Disziplinen meist gute oder ansprechende Ergebnisse. Fremdsprachlich unbegabte Politiker oder mathematisch unbedarfte Literaturverfasser sind eher die Ausnahmen.

Günter Oettinger ist designierter EU-Kommissar für Energiefragen. Gut für Günter Oettinger, denn als EU-Kommissar muss man viel kommunizieren, viele Erkenntnisse unter die Leute bringen und viele Reden vor internationalem Publikum halten.

Die Tätigkeit als EU-Energiekommissar erfordert auch viel sprachliches Energie-Vermögen. Da trifft es sich gut, dass der ehemalige Baden-Württembergische Ministerpräsident so gut und ausdrucksvoll schwänglisch* reden kann. Schwänglisch zu reden, war für Oettinger eine der Vorausetzungen, um dieses politisches Amt in Brüssel bekleiden zu können. Diese Voraussetzung hat Günter Oettinger hervorragend erfüllt, wie man an seinem Zungenschlag ja bereits vorher bestens erkennen konnte.
SPIEGEL-Berichte
Schlimmer als »Westervawe«
Oettinger will sein Englisch aufbessern

Günter Oettinger hat sich schon jetzt um das Wohl des Landes verdient gemacht, denn er hat das linguistische Spektrum in Brüssel um eine sonderbar anmutende Radebrecht-Variante bereichert. Viele Ministerialbeamte in Brüssel schwärmen bereits von seinem unverwechselbaren Zungenschlag.

Günter Oettinger opens his mind for the European Union.
Der Sprach-Patriot und well-acquainted spokesman mit dem Sprach-Diplom von der Radebrecht-Universität wird mit seinen Statements far beyond belief der Brüsseler EU noch einige beschwingte Linguistik-Stunden bescheren. Wir dürfen gespannt sein! - Viele dort werden sich aber fragen: Wie konnte dieser Mann mit diesem Fremdsprachpotential ausgerechnet nach Brüssel kommen? - Damit hätte er viel besser in eine Sprachschule für Dislinguisten oder Stotterer gepasst.

Hier bestätigt sich einmal mehr: Nach Brüssel werden nur die fähigsten Politiker mit besonderen Fähigkeiten weggelobt.

Or let us say it in Germany : Brussels will be always the best location where politicians reach the highest range of incompetence.

* Schwänglisch ist eine linguistische Kunstform - auch als schwäbisches Englisch bezeichnet.


SPIEGEL-Berichte

Schlimmer als »Westervawe«

Oettinger will sein Englisch aufbessern

Samstag, 23. Januar 2010

Ein Weib lächelt hinfort die deutschen Sorgen

Heinrich Heine

»Ein Weib, so schön wie der Morgen, lächelt hinfort die deutschen Sorgen«, dichtete einst der Dichter der Romantik Heinrich Heine in seinen »Nachtgedanken« (1843). Welches Weib Heine in seiner Dichtung im Sinne gehabt hatte, ist nicht bekannt. Sicher trifft der Reim jedoch auf Angela Merkel zu: auch sie lächelt hinfort die deutschen Sorgen.

Nicht nur Heine macht sich Sorgen um Deutschland. Die Sorgen hinfortzulächeln ist allzu menschlich, besser wäre es jedoch, die Probleme zu lösen, die sich hinter den deutschen Sorgen verbergen. Statt die Probleme zu lösen, zieht es die Kanzlerin lieber vor, zu schweigen und die Probleme auszusitzen. Man mokiert sich bereits öffentlich über Merkels Schweigen und fühlt sich unweigerlich an das »Prinzip Kohl« erinnert: einfach alles aussitzen.




Da kommt einem schnell zu Bewusstsein, woher der Wind weht und wes Geistes Kind die Frau Kanzlerin ist. Aber der Erfolg einer Regierung misst sich nicht an der Dauer der Regierungszeit, sondern an dem Führungsstil innerhalb der Regierung. Da besteht nun offensichtlich akuter Handlungsbedarf, damit die Kanzlern die deutschen Sorgen vergessen macht und es auch lyrisch über die Weise aus dem Sorgenland hernach heissen könnte:
»Ein Weib, so schön wie der Morgen,
löst hinfort all die deutschen Sorgen.«

Donnerstag, 31. Dezember 2009

Kirchenbesuch in Mailand

Silvio Berlusconi hat neulich den Mailänder Dom besucht und zeigte sich tief beindrückt von der gothischen Kathedrale, deren Form bei ihm einen bleibenden Eindruck hinterlassen habe.


Nach dem die Messe gelesen war, zeigte sich der autoritätsgläubige Katholik sichtlich geläutert. Berlusconi sagte er, es sei notwendig, den Herren zu preisen, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Er hat feierlich gelobt, bei der Lösung der dringenden Probleme des Landes, wie Staatsverschuldung, Korruption, Bekämpfung der Mafia, einen Zahn zuzulegen - notfalls auch zwei.

Schon vor dem Besuch der Kathedrale hatte man dem etwas überheblichen und wenig tatenreichen italienischen Regierungschef klargemacht, dass es notwendig sei, das es in seinem Lande nicht so weitergehen könne wie bisher. Vielen Italienern, denen es während der Regierungszeit Silvio Berlusconis eigentlich nie langweilig zu werden drohte, sprach damit aus ihrer katholischen Seele.

In letzter Zeit häuften sich nämlich Unmutsbekundungen der Italiener, seine Politik sei ein Schlag ins Gesicht der Menschen. Seine Landsleute beschwerten sich über eine zunehmende Berlusconisierung ihrer Gesellschaft in den Bereichen Politik, Medien und der Justiz, die zunehmend von ihm gelenkt und beeinflusst werden und hofften auf eine positive Wirkung des Kirchenbesuches bei der Lösung der Probleme.

Am Ende seiner reuigen Ansprache betonte Berlusconi, er wolle seine Regierung nun von Barock auf Gotik umstellen.

Danach wünschte der geläuterte Ministerpräsident seinen Landsleuten schon mal ein Frohes Neues Jahr und gute Besserung. Sforza Italia!

Kabarett-Beitrag von Florian Schröder in der SWR-Sendung »SCHROEDER«

Dienstag, 29. Dezember 2009

Königlicher Humor mit humorlosen Folgen

Ein britischer Radiomoderator ist von seinem Sender gefeuert worden, weil er die Übertragung der traditionellen Weihnachtsansprache von Königin Elisabath II. als "Langweilig" kritisiert hat.

Der Moderator "peppte" die Sendung dann selber etwas auf. Er hatte dann in seiner Sendung gewitzelt, daß viele Briten die königliche Familie für einen Tourismusfaktor hielten, obwohl die Franzosen ihre Könige geköpft hätten und immer noch Touristen ins Land kämen.

Ein Radiosender aus Birmingham fand diese Äußerung nicht so komisch und "köpfte" darauf seinen Angestellten.

Für so humorlos werden die Briten aber gemeinhin gar nicht gehalten.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Über allen Gipfeln




Der deutsche Dichter Johann Wolfgang von Goethe war ein begeisterter Naturforscher, Mineraologe und Geologe, den seine Begeisterung immer wieder zu Wanderungen in die umherliegende Landschaft trieb. Oft zog er in Thüringen und dem Harz wandernd umher, um allerlei Beobachtungen zur Beschaffenheit des dortigen Gesteins zu machen.

Zu Zeiten Goethes war das Klima eher jahreszeitlich beeinflusst, klimatische Veränderungen noch von der Natur aus geprägt. Klimawandel war als solcher noch nicht bekannt und in seinen Auswirkungen weniger gravierend. Das Wort Klimawandel war damals noch nicht in aller Munde und zumal kein Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Regelmässig abgehaltene Klimagipfel zum dringend notwendigen Schutz der Umwelt gab es in den höfischen Fürstenstaaten damals auch noch keine.

Goethe war damals noch sehr von romantischen Vorstellungen geprägt. Erscheinungen von Klimawandel traten höchstens bei Erdbeben und Vulkanausbrüchen auf. Wäre dies damals anders gewesen und hätte der Dichterfürst die Auswirkungen des Klimawandels auf seinen Bergen bereits damals bemerkt, hätte er sich sicherlich auch hierzu zu einem Gedicht inspieren lassen.

Seine allfällige Lyrik hierzu hätte dann womöglich folgende Kleidung getragen:

Über allen Gipfeln
Ist Ruh',
Schon in allen Wipfeln
Spürest Du
bereits einen wärmenden Hauch;
Warte nur, balde!
mein liebliches Klima
Ruhest