Von Altkanzler Konrad Adenauer stammt der legendäre Spruch:
»Vielen ist das Denken erlaubt, den meisten bleibt es erspart.«
Das ist der Urspruch aller Nichtdenker!
Was der kluge Kanzler ausdrücken wollte, ist, daß den meisten in
diesem Land das Denken wirklich erspart bleibt. Was er nicht ahnte:
Vielen bleibt das Denken heute tatsächlich erspart - allerdings als er
es wollte. Denken oder gar Nachdenken ist keine gefragte Kategorie, denn
wer denkt, hat schließlich keine Zeit zum Arbeiten.
In unserem Kulturkreis spielt das Denken keine hervorgehobene Rolle
mehr. Ds Denken ist dem funktionalistischem Prinzip gewichen. Bei
Descartes' merkwürdig unlogischem, aber viel diskutiertem "Cogito ergo
sum" verbindet sich Denken mit dem Sein. Dabei geht es allerdings um das
bewusste Denken. Doch häufig wird das Denken zu einer Falle, wenn wir
zu viel Zeit mit Denken verbringen. Wer zuviel denkt, läuft Gefahr, die
Orientierung im Leben zu verlireen.
Die Volkskrankheit namens Denken macht uns unwissend und senil und
nicht nur das, wir vergeuden auch noch viel zu viel Zeit mit ihr. Daher
fragen wir uns am Ende eines Ereignisses oft, wo die Zeit geblieben ist.
Sie ist in unserem Denken untergegangen, denn unser fortwährendes Denken überlagert oder überrauscht alle unsere Sinne.
Man könnte auch sagen, wir denken kreisförmig, wie in einem
Karussell, das wir nicht anhalten können. Ein Reiz trifft auf den
anderen und setzt die nächste Karussellrunde bzw. Denkkette in Gang und
der Karussellbetreiber, sprich die Gesellschaft, freut sich über das
gute Geschäft mit der Denksucht der Menschen, die laut dem Autor des
Buches durch die drei Geistesgifte Wut, Gier und Verblendung
angestachelt wird.
Die Fröhliche Wissenschaft
Nietzsche suchte sein Heil in der Wissenschaft und in der Kunst und
orientierte sich an der Antike. Herausgekommen ist eine »Fröhliche
Wissenschaft«.
Für Nietzsche war die Gedankenarbeit zu diesem poetisch verspielten
Werk vor allem aber offenbar eine heilsame Medizin: Er glaubte beim
Verfassen der Aphorismen eine Besserung seiner zahlreichen Leiden zu
spüren.
Verstand Nietzsche in seiner Streitschrift »Die Fröhliche
Wissenschaft« die Gedankenarbeit als heilsame Medizin, so ist heute das
Nichtdenken zur bitteren Medizin geworden.